BERLIN
Warum Berlin?
Fünf Menschen aus verschiedenen Teilen der Welt erzählen, wie sie nach Berlin gekommen sind und was so besonders an der deutschen Hauptstadt ist.
„Die perfekte Stadt für einen Neuanfang“
Warum nicht etwas ganz Neues ausprobieren? Das habe ich mir gedacht, als ich 2014 mit meiner Frau nach Berlin kam. Sie ist Genetikerin und fand hier einen Job. Ich bin Psychologe, in den USA habe ich als Kindertherapeut gearbeitet. Hier wollte ich etwas anderes machen, auch wegen der Sprache. Also habe ich mein Hobby, das Bierbrauen, zum Beruf gemacht. Wo, wenn nicht hier? Berlin ist die perfekte Stadt für einen Neuanfang. Wie wahrscheinlich jede Großstadt ist Berlin nicht perfekt. Aber wir fühlen uns hier sicher, unser Sohn kann ohne Angst vor Schießereien aufwachsen. Wir leben in Pankow, im alten Ostteil der Stadt. Ich mag an Berlin, dass man die Trennung an vielen Dingen noch spürt, zum Beispiel daran, dass es zwei Zoos gibt. Cool ist, wie viel Geld die Stadt für Kinderspielplätze ausgibt. Wir können in unserem Kiez mit unserem Sohn jeden Tag woanders spielen.
Robert Faber (36) kam 2014 aus den USA nach Berlin – am Tag, als Deutschland die Fußballweltmeisterschaft gewann. Mit einem Partner führt er die Craft-Beer-Brauerei Two Fellas Brewery in Berlin-Pankow, wo er auch lebt.
„Hier kannst du machen, was du willst“
Wenn du einen Berliner nach der Uhrzeit fragst, zeigt er dir, wo die nächste Uhr hängt, und wenn du wissen willst, wann der Bus fährt, zeigt er dir den Fahrplan. Selbst wenn sie dir helfen, minimieren sie die Kommunikation. Das ist ungewohnt für mich, in Israel besprechen wir dauernd jede Kleinigkeit mit anderen. Das Leben in Berlin hat mich viel selbstständiger und unabhängiger gemacht, und ich habe gelernt, geduldig zu sein. Es gibt aber immer wieder Situationen, die mich völlig verrückt machen, vor allem wenn ich mit Behörden zu tun habe. Als das erste Mal die Polizei kam, weil Gäste nach 22 Uhr zu laut gelacht haben, musste ich weinen. Ich wusste nicht, dass in Deutschland wegen sowas die Polizei kommt. Trotzdem liebe ich Berlin. Hier kannst du machen, was du willst, und niemand verurteilt dich.
Shani Ahiel (32) kam 2014 aus Tel Aviv nach Berlin. 2016 hat sie ihr Lokal „Yafo“ in Berlin-Mitte eröffnet, eine Mischung aus Restaurant, Bar und Klub. Sie lebt in Berlin-Neukölln.
„Der beste Ort, um Leute zusammenzubringen“
Als mir mein Freund, der aus Hamburg kommt, vorgeschlagen hat, nach Berlin zu ziehen, war meine erste Reaktion: Auf gar keinen Fall! Das ist doch die hässlichste Stadt der Welt! Bis dahin war ich immer nur im Herbst und Winter in Berlin, und der Winter ist wirklich schrecklich: Es ist grau, kalt, windig und feucht. Aber dann kamen wir im Sommer, und die Stadt war eine andere. Um Leute kennenzulernen, habe ich Abendessen in meiner Wohnung organisiert. Kochen ist meine große Leidenschaft. Bald habe ich auch Frauen aus Syrien eingeladen, bei mir zu kochen. So wollte ich Flüchtlingsfamilien mit Berlinern zusammenbringen. Ich glaube, Berlin ist der beste Ort für so etwas. Man wird hier viel leichter akzeptiert als anderswo, man findet schnell Freunde, und die Stadt gibt dir immer wieder neue Impulse.
Anna Gyulai Gaal (31) kam 2015 aus Budapest nach Berlin, wo sie als freie Journalistin arbeitet. Seit 2015 organisiert sie in ihrer Wohnung in Neukölln Refugee Dinner, bei denen sie Frauen aus Syrien zum Kochen einlädt.
„Die Stadt überrascht mich immer wieder“
Viele Touristen wollen nur Mitte sehen – sie suchen das, was sie schon kennen. Ich sage ihnen: Erlebt doch die Stadt! Berlin ist so vielfältig, jeder Kiez ist anders. Die Stadt überrascht mich immer wieder. Man kann hier mit wenig Geld gut leben. Ich wohne in einer WG mit zehn anderen, fast alles Deutsche. Wir teilen alles. Einmal im Monat schreibt jeder auf einen Zettel, wie viel er für Essen ausgeben kann. Wer wenig Geld hat, zahlt weniger, und wer mehr hat, gibt mehr. In Berlin kann man sich entspannen. Menschen, die mittags mit einem Buch im Park sitzen: Das ist hier Teil der Stadtkultur! Die Berliner Unfreundlichkeit habe ich natürlich auch kennengelernt. Aber es ist irgendwie auch keine Überraschung, dass die Leute hier so rau sind – vor 30 Jahren gab es hier noch die Mauer. Unglaublich eigentlich.
Yael Rozanes (26) kam im Sommer 2017 aus Israel nach Berlin. Die Schauspielerin arbeitet unter anderem als Stadtführerin, spielt im englischsprachigen Theater und tritt als Stand-up-Comedian auf.
„Das Berghain interessiert mich nicht“
Alle reden immer vom Berliner Nachtleben. Mich interessiert das überhaupt nicht, ich war auch noch nie im Berghain. Ich bin eher ruhig, gehe ein Bier trinken oder spiele mit meinem Sohn. Mir fehlen zwar die englischen Pubs. Aber ich habe ein paar nette Kneipen gefunden, wo es auch schottisches Bier gibt. Vielleicht sind die Bedienungen nicht überall so freundlich – aber zu ernst sollte man die Berliner Schnauze auch nicht nehmen. Man muss in Deutschland sehr organisiert sein. Das ist manchmal sehr anstrengend, vor allem wenn man die Bürokratie kennenlernen muss. Wir Engländer sind eher ein bisschen chaotisch. Aber in London könnte ich nicht mehr leben, das ist mir zu teuer, zu voll, zu groß, zu anstrengend. Berlin ist so viel ruhiger. Man merkt eigentlich gar nicht, dass man in einer Hauptstadt ist.
John Jones (28) hat aus Liebe zur deutschen Literatur Germanistik studiert. 2013 kam er aus London nach Berlin und hat sich gegen das Masterstudium und für seine zweite Leidenschaft entschieden: Fisch. Inzwischen hat er seinen eigenen Laden in Pankow. Mit seiner Familie lebt er in Berlin-Wedding.
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